Samstag, 18. Juni 2022. Als ich den kühlen Ausstellungsraum des FAK betrat, sah ich sofort ihren langen Rüssel, den gierigen Sauger, dazu die Hautfetzen. Sie schälte sich. Oder war es eine Art häuten? An manchen Stellen blickte man durch ihren Körper. Sie hatte so traurige Augen.
Hinter ihr scheinbar das Kind. Es hielt sich an einem langen roten Tuch fest. Es war um den Hals der Mutter gebunden. Sie waren verbunden.
Dann sah ich den bärtige Mann. Er lag hinter den Rüsseltieren auf dem kühlen Stein des Ausstellungsraums. Sein Hemd verschwitzt, zerknittert. Der Kopf rot (wieder rot?!).
Ein ungleicher Kampf? Der bärtige Mann rührte sich nicht. Hatte ihn die hässliche Ameisenbär Frau angesaugt? Würde sich jetzt der Bärtige auch in ein Rüsselmonster verwandeln? Und was war mit der Kunst? Ich wusste, ich musste etwas tun, bevor ES etwas tat.
„Hallo?“, sagte ich also, denn ein Hallo hat noch nie geschadet.
„Aber, ach, ach…“, rief ich aus. „Welche Glück. Fehlalarm.“ Der bärtige Mann sprang so gut es ging auf seine zwei Füße. „Ja, aber hallo“, sagte er. Der Bärtige war einer der neuen Kuratoren. Er erklärte sich. Gestern waren sie doch im Speicher 2. Offene Atelier. Ja, es wurde spät. Ich nickte, lächelte. Ich traute dem Braten immer noch nicht so ganz. Aber dann bemühte er sich redlich, und ich konnte mich beruhigen.
„Und was ist mit der Kunst?“, fragte ich am Ende sogar mutig (oder naiv?). Dann begriff ich. ES war die Kunst.
11.6. – 3.7. Marja Marlene Lechner. OPEN THE GATE. FAK



