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Ilja Kabakov. Und blickst du hinauf und liest die Worte. Skulptur Projekte. 1997.

oder „Die geheime Bestenliste und der Büchergutschein.“

Letztens sagte ein mir gerade noch bekannter Bekannter: „Kabakov. Du weißt schon, die Antenne auf den Aaseewiesen, die mag ich vielleicht unter allen Skulptur Projekte – Arbeiten am Liebsten.“

Und da war sie wieder: Die Bestenliste. Heute auf der Nr. 1 – Törööö Törööö – Ilja Kabakov. Und blickst du hinauf und liest die Worte. Münster. Skulptur Projekte 1997.

Ilja, du gewinnst einen Büchergutschein über 10 Euro. Freust du dich? Komm wir stellen dich erst einmal vor.“

Ilja Kabakov, 1933 in der Ukraine geboren, in Usbekistan aufgewachsen, Kunstschule und Kunst-Studium in Moskau, Kinderbuchillustrator, Künstler, Dissident. Der Westen wird auf ihn aufmerksam, erste Ausstellungen in Abwesenheit des Künstlers, seine Kunst kommt auf Umwegen in die Schweiz, er ein paar Jahre darauf direkt. Dann die Emigration in die USA, New York.

Hier findet er seine große Liebe (wieder). Sie heiraten, machen zukünftig Kunst zusammen. Er kennt sie seit seit ihrer Kindheit, sie ihn auch. Sie, Emilia, kehrt schon in den Siebzigern der sogenannten Heimat den Rücken, er bleibt (noch), wegen der Mutter, als sie stirbt und die Perestroika kommt, geht er auch – erst Jahre später stellt er wieder in Russland aus.

„Und blickst du hinauf und liest die Worte“. Eine Antenne auf den Aaseewiesen, ein paar Meter vom Wewerka Pavillon. Immer wieder bleiben Passanten stehen, versuchen den Schriftzug zu entziffern. Die Schlauen gucken auf die Hinweistafel oder gleich ins Internet.

„Mein Lieber! Du liegst im Gras, den Kopf im Nacken, um dich herum keine Menschenseele, du hörst nur den Wind und schaust hinauf in den offenen Himmel – in das Blau dort oben, wo die Wolken ziehen –, das ist vielleicht das Schönste, was du im Leben getan und gesehen hast.“

Ilja Kabakov. Und blickst du hinauf und liest die Worte. Münster 1997.

Die Buchstaben zittern, flirren in der Sonne. Die Antenne sendet. Nur ein Satz? Du entzifferst weiter. „Vielleicht das Schönste, was du im Leben getan…“

Meint er das ernst?, fragst du dich.

Und, aber, überhaupt, wenn das hier gerade, dein schönster Moment gewesen ist, was kommt denn dann noch? Nicht mehr viel, denkst du vielleicht.

Traurig, denke ich.

Aber der Bekannte denkt das nicht. Er sagt: „Ach, wie schön. Meine Nr. 1. Und guck doch mal, wie alle hochgucken und rätseln. Ach klasse. Die Antenne macht sie zu Denker:innen. Sie sendet. Ins Blaue. Ne, toll.“ Und er lacht und weint und lacht, und ich klatschte Applaus und überreichte ihm stellvertretend (für den Herrn Ober-Bürgermeister) den Büchergutschein.

Er bedankt sich, nimmt ihn mit Tränen in den Augen auch für die armen Frauen, Kinder, Menschen an, die nie Preise annehmen, weil sie einfach kein Glück im Leben haben und sogar an der Bude, wo jedes Los ein Gewinn ist, jedesmal eine Niete ziehen.

Auch ich weine über soviel Unglück und vor Glück, weil ich so emphatisch bin, also auch ein guter Mensch. Ja, vielleicht sogar guterer.

Und da war sie wieder: Die Bestenliste. Heute auf der Nr. 1 – Törööö Törööö – Ich.

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