Am Ende bleibt vom Vielen nur wenig hängen: Ein paar Namen, Klebeband und Klebemännchen, ein Einhorn, Backenzähne und Holzgewehre.
„Fotografier doch nicht dauernd, guck doch lieber mal.“ „Ich geh mal raus zu der Bühne, da spielt jetzt was.“ „Was oder wer?“ „Wie?“ „Hier guck mal da. Ist das immer der Gleiche?“ „Wer?“ „Ach, egal.“ Es ist nie Zeit genug.
Auch wenn du sehr viel Zeit hättest, also vielleicht sogar Wochen. Nie genug.
Aber vielleicht ist es auch gar nicht der Rundgang-Sinn, über alles zu sinnieren. Dafür bräuchte es auch Tonnen Sinnier-Dings, also Kontext.
Tonnen an Kontext. Zu der Malerei und den Maler:innen und zu der Gesellschaft und der Kultur, in der sie aufgewachsen sind, also die ganzen Schaffenden und ihre Mütter und Väter. Oft muss man ja alles sehen, untersuchen, um hier an so etwas wie eine ästhetische Empfindung zu kommen.
Genauso natürlich Bildhauerei, Performance, Klangkunst, Filmkunst, und neuerdings dazu noch die ganze Poesie. Die ganzen Gedichte. Die Lyrik, die hier entsteht. Wir bräuchten tonnenweise ausgedruckter Zettelchen oder liebevoll gestalteter Audioguides auf Tape, CD, USB Stick und hinter QR Codes und/ oder als unendlich intelligentes Plattencover.
Kunstakademie-Guide Apps gäbe es, AR Führungen, KI Führungen, Menschenführungen.
11 Uhr AR, 12 Uhr KI, 13 Uhr Jonas.
Und Roboter natürlich. Roboterführungen. An jeder Ecke Roboter, die einen freundlich zur Seite stehen, dich durch die Klassen führen und dir Namen, Titel, Jahr der Kunst aufsagen und einen kurzen Vortrag halten über den Stoff (Kontext), den die Künstlerin in eine Form (Kontext) geschmeichelt hat.
PAULAMÜLLEROHNETITEL2023INSTALLATIONÜBERMONSTERIMKOPFUNDUNTERDEMBETT.MATERIALEINBETT.EINMONSTER.BETTLACKEN.BETTPFANNE.EINFIEBERTHERMOMETER.PAULASMUTTERHATFRÜHERIMMERFIEBERGEMESSEN,WENNPAULAEINMONSTERUNTERDEMBETTHATTE.
Zu Recht ist das zu viel Kontext für einen Rundgang. Zu kontextlastig. Das macht doch gar keinen Spaß mehr. Und wenn du vielleicht noch einen anderen Rundgang besuchen möchtest? Du Sau! Der ganze Kontextmüll danach. Wer macht das weg? Du? Das geht nicht.
Aber vielleicht geht es auch gar nicht darum, alles mitzunehmen? Lieber überhaupt etwas. Am Ende bleibt vom Vielen nur wenig hängen: Ein paar Namen, Klebeband und Klebemännchen. Ein Einhorn, Backenzähne und Holzgewehre.
Ja genau, spannend.
