Ist das denn noch Kunst, wenn überall junge Menschen rumstehen. Mit den gleichen doofen T-Shirts, wo ein Slogan, ein Kunst-Motto draufsteht? Sie ihnen sagen: „Du bist Teil von was Großen , wenn du das willst. Und wenn du willst, kannst du bei uns umsonst ein Praktikum machen und tolle Menschen aus aller Welt kennenlernen. Jede Hautfarbe, jedes Geschlecht. Ganz offen. Ganz umsonst.“
Ist das denn noch Kunst?

Ist das denn noch Kunst, wenn alle über das Wasser laufen können? Wie in Münster, Skulptur Projekte, Münster, Aasee. Erinnern Sie sich? Und wie Jesus, Bibel, Palästina, See Genezareth. Erinnern Sie sich?Eigentlich nur auf einem durchsichtigem Steg. Aber bitte! Und wie Jesus über Wasser laufen, auch wenn es nur auf einem durchsichtigen Steg ist: Geil. Für das Foto. Super, sagt sie. Spitze, sagte er. Wenn nicht für dich, dann für deine Social Media Bubble.
Ist das denn noch Kunst? Ist das denn noch Kunst, wenn sie längst Wahrzeichen der Stadt ist? Wenn sie immer in jedem wichtigen Marketing Heftchen auftaucht? Münster, Stadt des westfälischen Friedens. Die Kugeln. Stadt der Universität. Die Kugeln. Stadt der glücklichen Familie. Die Kugeln. Lebenswerteste Stadt. Die Kugeln. „Komm, ich habe da eine tolle Idee, da machen wir aufs Plakat: Äh…? Die Kugeln!“ Na was?
Ist das denn noch Kunst? Ist das denn noch Kunst, wenn natürlich bei jeder Hop-on Hop-off- Tour („Das ist die volle Hop-on Hop-off-Freiheit“) die Kunst eine längere Ausführung des Zeremonienmeisters der Stadtrundfahrt erfährt.
„Meine Damen und Herren, zu unserer Rechten, die Kunst. Also hier: Die Kugeln. Drei an der Zahl. Achtung Kneipenquizfrage. Was haben 10. Juni 1977 Studenten mit der Kunst versucht? Richtig. Sie wollten sie in den Aasee rollen. Diese Hallodris.“
Ist das denn noch Kunst? Ist das denn noch Kunst, wenn ein Pärchen ganze Paläste mit Stoff zuhängen, Millionen Menschen in die Hauptstadt jeten, die sich einen eingeschnürten Reichstag anschauen? Da: Wieder Student:innen in farbigen T-Shirts, wieder mit Motto. Man versichert uns wieder, das die jungen Menschen alles freiwillig machen, für die Kunst, hier wird niemand ausgenutzt.
„Ich habe ganz viele tolle Leute aus Spanien, aus Mexiko, aus Indien, aus Afrika und aus Sachsen und aus Schweden kennengelernt. Wir haben tolle Sachen zusammen gemacht, also… wenn wir frei hatten. UNO und Mau-Mau. Und schauen Sie man: Ein T-Shirt. Mit Motto.“ (Lucy, 19J., Aachen)
Ist das denn noch Kunst? Ist das denn noch Kunst, wenn ein Bild geschreddert wird, nur um zu schreddern? Und das Bild hinterher – in Streifen – mehr wert ist als vorher?
Ist das denn noch Kunst?
„Darling, he has schreddert the Bild. He has schreddert“, singt die junge Diva aus Münster ihrem heißen Internettypen aus San Josè ins Ohr. „He has schreddert.“ Morgen wird er sie schreddern, also sich trennen. Ihr Englisch war ihm doch zu giftig. Also trennen, ganz lässig per WhatsApp.
Ist das denn noch Kunst?